Ein ehrbares Projekt - und wie es dazu kam
Im Januar 1998 geschah es, dass sich vier verrückte
Menschen zusammenfanden, um einen nicht weniger verrückten Beschluss zu
fassen. Diese Menschen hießen (und heißen noch immer) Katrin Pupkes,
Silke Lorenzen, Stephan Elsner und Jörg Ingwersen. Manche von Ihnen mögen
Ihnen als treue Staatsbürger und Ausübende durchaus ehrbarer Berufe
bekannt sein, und wir wollen hier betonen, dass sie vollkommen schuldlos
in diese ganze Sache hineingeraten sind. Denn ehrbar wie sie selbst waren
auch ihre Ziele: Der deutsche Fernsehmarkt sollte um eine weitere
Familienserie bereichert werden.
Was ihnen jedoch fehlte, war ein Drehbuchautor. Es verhielt sich nun zwar
nicht so, dass ihnen hierfür nur ein einziger zur Verfügung gestanden hätte.
(Vergessen wir nicht: Es ging um ein ehrbares Projekt.) Dann aber begingen
die vier einen folgenschweren Fehler, indem sie unter den zahllosen
Bewerbern Vincent Andreas auswählten, der dafür bekannt ist, die am
wenigsten ehrbaren Ziele zu verfolgen, und der aus der Serie das machte,
was sie heute ist: eine leider nur wenig ehrbare weil etwas anders
geartete Familienserie.
Dieser Fehler wäre mit grenzenloser Naivität vielleicht hinreichend zu
entschuldigen, aber Unwissenheit schützt bekanntermaßen vor Strafe
nicht. Es blieb auch nicht bei dem einen Fehler. Anstatt nämlich das
erste Drehbuch abzulehnen und sich schleunigst nach einem anderen Bewerber
für den heißbegehrten Posten umzusehen, setzten sie den blanken Unsinn,
der dort schwarz auf weiß geschrieben stand, auch noch in die Tat um.
Wie ist das zu erklären?
Nach reiflicher Überlegung bietet sich uns dafür nur eine einzige Erklärung
an: Sie haben das Drehbuch nicht oder nicht mit genügender Sorgfalt
gelesen. Doch auch dann hätte sich ihnen, als sie die ersten Worte vor
laufender Kamera sprachen, noch immer die Gelegenheit geboten, das heiße
Eisen einfach fallen zu lassen. Der Grund dafür, weshalb sie es nicht
taten, liegt wohl in einer der vielen ehrbaren Eigenschaften jener vier
ehrbaren Staatsbürger, unter denen Höflichkeit wohl die ausschlaggebende
war.
Nun, als Frank zu Beate sagte: »Beate, hast du den Champagner
kaltgestellt?« (eine Frage, die genügend Einblick in den dekadenten und
obendrein frauenfeindlichen Background der Serie gewährt), als also Frank
Beate diese Frage stellte, da hätten die vier einfach sagen müssen: »Vielen
Dank, lieber Vincent, aber das ist mit unseren ehrbaren Zielen nicht zu
vereinbaren.«
Wie wir wissen, haben sie es aber nicht getan und sich damit einer
unverzeihlichen Unterlassungssünde schuldig gemacht. Die Strafe folgte
auf den Fuß in Gestalt weiterer dekadenter und frauenfeindlicher Äußerungen,
von denen zum besseren Verständnis einige wenige genannt werden sollen:
»Du sollst doch nicht denken, Beate.« - »Nein, Frank.« / »Ach, er ist
ein so herzensguter, herzensguter Ehemann.« - »Ja, ja.« / »Unterbrechen
sie ihn doch nicht, sie dummes Ding.« / »Es tut mir leid, aber ich muss
jetzt sofort meine Beine breit machen.« u. v. m.
Und wie es im Leben so häufig geschieht, war es dann irgendwann einfach
zu spät. Vergessen wir dabei nicht, dass es mit dem Aussprechen der Sätze
nicht getan ist. Um eine Serie zu drehen muss man schließlich einigen
Aufwand betreiben und vor allem viel, viel Zeit investieren. Da die vier,
wie wir wissen, ohne Ausnahme alle ehrbaren Berufen nachgehen, mussten sie
ihre verbleibende Zeit restlos der Serie opfern. Damit aber nicht genug:
Die vier zogen auch noch andere mit in ihre finsteren Machenschaften
hinein. Immer mehr fielen ihnen zum Opfer, was aber das Schlimmste ist:
Alle hatten (und haben noch immer) außerordentlichen Spaß an der Sache.
Seufzend lehnen wir uns daher zurück und heben ergeben die Hände. Die
Heitkämpers sind kein ehrbares Projekt geworden. Wozu auch? Es gibt genügend
ehrbare Menschen, die ehrbare Dinge tun und dafür ehrbares Geld
verdienen: Politiker, Börsenmakler, Versicherungsvertreter u.v.m. Lassen
wir den Heitkämpers daher ihren Spaß, an dem sie obendrein auch noch
kein Geld verdienen, und wenn wir dann ganz tief in uns hineinhorchen, müssen
wir wohl alle zugeben: Auch wir haben an diesen wenig ehrbaren Dingen großes
Vergnügen.